Klimaneutral?

maxibt

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Die Ärzte haben es ja mit ihrer "Es wird eng" Tour schon vorgemacht und immer mehr Unternehmen, Künstler etc. schließen sich an: Es geht um sog. "Klimaneutralheit", d.h. Aufforstung von Regenwald in der Höhe, die nötig ist, um die entstehende Menge CO2 zu kompensieren und in O2 + C umzuwandeln. Bei den Ärzten war es konkret so, dass 0,50 Euro pro Ticket an CO2OL gingen, um Regenwald aufzuforsten und damit die CO2-Emissionen, die durch die benötigten Energie sowie die An-/Abreise der Fans entstehen, auszugleichen.
Auch große Unternehmen wie z.B. die Deutsche Bahn unterstützen o.g. Verein. So wird z.B. für jeden Kauf einer Bahncard 25 soviel Regenwald angepflanzt, wie nötig ist, um CO2 von 2.000 km Zugfahren auszugleichen!

An sich finde ich es eine top Sache! Andererseits grenzt das für mich teilweise schon an eine Art "Ablasshandel". Man kann sich z.B. für rund 40 Euro ein "Neutralheitszertifikat" für 11.000 km Autofahren ausstellen lassen. Einerseits ist das sicher gut und gibt einem ein gutes Gefühl, aber andererseits bin ich mir unsicher, ob dann nicht die Mentalität aufkommt "Ich hab ja gezahlt, also fahr ich halt die 500 m zum Briefkasten mim Auto" oder was in die Richtung. Trotzdem überleg ich mir, für mein Auto später sowas zu kaufen. Schaden kanns der Umwelt ja sicher nicht.


Was haltet ihr von der ganzen Sache?
 

gfc

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So wird z.B. für jeden Kauf einer Bahncard 25 soviel Regenwald angepflanzt, wie nötig ist, um CO2 von 2.000 km Zugfahren auszugleichen!

Find ich scheisse. Es steht jedem frei, sich so ein Zertifikat zu kaufen. Aber mittels solchen Aktionen wie denen der DB wird das ganze zum Zwang. Und das gefällt mir nicht.

Man kann sich z.B. für rund 40 Euro ein "Neutralheitszertifikat" für 11.000 km Autofahren ausstellen lassen.

Dann hat man dich über den Tisch gezogen. 11'000km erzeugen im Schnitt ca, 1,5 Tonnen CO2.

Die Kosten, die für die negativen Externalitäten des CO2 Konsums entstehen, sind zwar schwer zu ermitteln, aber man kann davon ausgehen, dass sie im Bereich von 2 bis 10 $ pro Tonne sind.

Sprich: Das Zertifikat fürs Autofahren ist 3 bis 15$ wert.


Schaden kanns der Umwelt ja sicher nicht.

Sicher? Denn: Wie hoch der Nutzen eines solchen Zertifikates ist, ist sehr sehr schwer festzustellen. Auf der anderen Seite aber entstehen durch die Emission eines Zertifikates enorme Kosten: Verkauf, Administration, Prüfung, etc. generieren alle enorme kosten. Und rat mal was: Das wiederum belastet die Umwelt.

Was haltet ihr von der ganzen Sache?

Blödsinn. Aber hey, stell mit deinem Geld an, was du willst 8)
 

maxibt

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Find ich scheisse. Es steht jedem frei, sich so ein Zertifikat zu kaufen. Aber mittels solchen Aktionen wie denen der DB wird das ganze zum Zwang. Und das gefällt mir nicht.
Versteh ich nicht. Im Grunde heißt das doch nur, dass die Bahn die CO2-Belastung, die durch häufiger fahrende Reisende entsteht, bis zu einem gewissen Maß wieder auffängt? Was soll daran schlecht sein?

Dann hat man dich über den Tisch gezogen. 11'000km erzeugen im Schnitt ca, 1,5 Tonnen CO2.

Die Kosten, die für die negativen Externalitäten des CO2 Konsums entstehen, sind zwar schwer zu ermitteln, aber man kann davon ausgehen, dass sie im Bereich von 2 bis 10 $ pro Tonne sind.

Sprich: Das Zertifikat fürs Autofahren ist 3 bis 15$ wert.
Woher stammen diese Zahlen? Ich kenne mich in dem Bereich nicht aus, aber bist du dir sicher, dass man für 15$ genügend Regenwald pflanzen kann, um die entsprechende Menge CO2 zu kompensieren?


Sicher? Denn: Wie hoch der Nutzen eines solchen Zertifikates ist, ist sehr sehr schwer festzustellen. Auf der anderen Seite aber entstehen durch die Emission eines Zertifikates enorme Kosten: Verkauf, Administration, Prüfung, etc. generieren alle enorme kosten. Und rat mal was: Das wiederum belastet die Umwelt.
Wenn ich das richtig sehe, wird das "Zertifikat" lediglich online generiert und man kann es sich ausdrucken. Kosten für Verpackung, Transport etc. würden also schonmal wegfallen. Außerdem wäre es doch durchaus wahrscheinlich, dass in den Preisen (siehe eins weiter oben) die anfallenden Verwaltungskosten schon einkalkuliert sind. Klar weiß man nicht wieviel effektiv der Umwelt zugute kommt, aber besser als "nixtun" wird es allemal sein, denke ich? Mit ähnlichen Argumenten könnte man ja sonst auch rechtfertigen, dass es unsinnig oder schlecht ist, an Hilfsorganisationen zu spenden. Die haben auch Verwaltungskosten...
 

gfc

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Versteh ich nicht. Im Grunde heißt das doch nur, dass die Bahn die CO2-Belastung, die durch häufiger fahrende Reisende entsteht, bis zu einem gewissen Maß wieder auffängt? Was soll daran schlecht sein?

Weil mir die Entscheidung abgenommen wird. Ich kann mich nicht pro oder gegen Zertifikat entscheiden, sondern werden gezwungen, es zu finanzieren.

Und das mag ich nicht.


Woher stammen diese Zahlen? Ich kenne mich in dem Bereich nicht aus, aber bist du dir sicher, dass man für 15$ genügend Regenwald pflanzen kann, um die entsprechende Menge CO2 zu kompensieren?

Hierher: [ame="http://www.amazon.de/Cool-Björn-Lomborg/dp/0307266923"]Amazon.de: Cool It: English Books: Björn Lomborg[/ame]

Wenn ich das richtig sehe, wird das "Zertifikat" lediglich online generiert und man kann es sich ausdrucken. Kosten für Verpackung, Transport etc. würden also schonmal wegfallen.

Ach, die entsprechende Software ist vom Himmel gefallen? Die Server brauchen keinen Strom, keine Wartung, kein Personal, keine Kühlung?

Aber das sind Peanuts. Das *wirklich* teure sind die Audits der entsprechenden Projekte. Denn: Was nützt dir ein Zertifikat, wenn das zugrundeliegende Projekt nichts taugt? Daher stellen die Zertifikathersteller Experten an, welche die Projekte analysieren. Und glaub mir, diese sind sehr wirkungsvoll, kosten aber schnell pro Projekt mehrere zehntausend Dollar an Gebühren. Und Kosten = Ressourcenverbrauch.

aber besser als "nixtun" wird es allemal sein, denke ich?

Ich habe nie behauptet, nichts tun zu wollen. Im Gegenteil, ich versuche meinen Lebensstil so umweltverträglich wie möglich zu gestalten.

Ich habe nur behauptet, dass ich die Zertifikate schlecht halte.

dass es unsinnig oder schlecht ist, an Hilfsorganisationen zu spenden. Die haben auch Verwaltungskosten...

Richtig, darum spende ich denen nichts mehr, sonst könnte ich nicht guten Gewissens abends einschlafen. Nicht einmal primär wegen den Verwaltungskosten, sondern weil sie die Symptome bekämpfen, anstatt die Ursachen. Und das kostet verdammt viel Geld, ohne dass es langfristig irgendetwas verbessert.

Genau wie die CO2-Zertifikate.
 

maxibt

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Und das mag ich nicht.
Im Bereich DB geht es doch gar nicht um Zertifikate, wie man sie ansonsten in deren Onlineshop erwerben kann. Die Bahn hat sich einfach bereit erklärt, von jeder verkauften Bahncard eine entsprechende Summe an die Aufforstungsorganisation zu zahlen. Deswegen wurde doch die Bahncard nicht extra verteuert! Wäre es so, dass ab sofort jede BC 5 Euro mehr kosten würde, könnte ich deine Argumentation verstehen; aber in diesem Fall ist es doch schlicht so, dass die Bahn ihre Umweltpolitik verbessert, sich für den Verbraucher aber nichts ändert außer dem guten Gefühl, dass seine Reise der Umwelt kaum schadet! Und als verantwortungsbewusstem Bewohner dieser Erde kann einem das doch nur Recht sein...?

Danke! Werd ich mir bei Gelegenheit mal anschaun :)

Ach, die entsprechende Software ist vom Himmel gefallen? Die Server brauchen keinen Strom, keine Wartung, kein Personal, keine Kühlung?
Sicher brauchen sie das; aber ich sagte ja bereits, dass ich davon ausgehe, dass die Kosten für die Kompensierung auch dieser CO2-Emissionen bereits in den Preisen einkalkuliert sind. Somit werden die Emissionen für die Verwaltung der Organisation neutralisiert und unterm Strich kommt die Arbeit der Organisation der Umwelt zugute; jedenfalls ist es für die Umwelt besser, als wenn es eine Organisation dieser Art gar nicht gäbe. So zumindest meine simple Bilanz.

Aber das sind Peanuts. Das *wirklich* teure sind die Audits der entsprechenden Projekte. Denn: Was nützt dir ein Zertifikat, wenn das zugrundeliegende Projekt nichts taugt? Daher stellen die Zertifikathersteller Experten an, welche die Projekte analysieren. Und glaub mir, diese sind sehr wirkungsvoll, kosten aber schnell pro Projekt mehrere zehntausend Dollar an Gebühren. Und Kosten = Ressourcenverbrauch.
Wenn dem so wäre, würde ich deine Argumente besser verstehen bzw. dir recht geben. Ich glaube aber, dass der Begriff "Zertifikat" einfach falsche Assoziationen bei dir weckt. Sehr viel mehr als eine PDF-Datei mit dem Text "Bestätigung: Herr XY hat 10 Euro gespendet, um die nächsten 5.000 km klimaneutral Autofahren zu können" wird das nämlich nicht sein, vermute ich. Spendenorganisationen wie Worldvision machen das ähnlich mit ihren "Geschenkspenden".


Ich habe nie behauptet, nichts tun zu wollen. Im Gegenteil, ich versuche meinen Lebensstil so umweltverträglich wie möglich zu gestalten.

Ich habe nur behauptet, dass ich die Zertifikate schlecht halte.
Natürlich ist die Grundlage einer solchen Idee, dass man erstmal bei sich selbst anfängt, Energie zu sparen und Emissionen zu senken. Das heißt Standbymodus vermeiden, Energiesparlampen verwenden etc. Nur ist es eben nicht möglich, vollkommen emissionsfrei zu leben. Und da denke ich ist der Ansatz dieser Organisation nicht der schlechteste, wenn man "etwas mehr" tun möchte.
Die Sache mit den Zertifikaten halte ich auch für unnötig. Wie eingangs erwähnt hat das für mich Ähnlichkeit mit dem früheren Ablasshandel. Nun scheint es aber leider so zu sein, dass das Ego einiger Personen es nötig hat, eine Bestätigung zu haben, was für ein toller Hecht der edle Spender doch ist und wieviel er/sie für die Umwelt getan hat. Bekommt man so eine Anerkennung nicht, spenden manche Leute ihr Geld eben lieber woanders hin oder auch gar nicht. Drum finde ich ein Zertifikatssystem in Form einer downloadbaren PDF-Datei als Anreiz für solche Leute schon ok.


Richtig, darum spende ich denen nichts mehr, sonst könnte ich nicht guten Gewissens abends einschlafen. Nicht einmal primär wegen den Verwaltungskosten, sondern weil sie die Symptome bekämpfen, anstatt die Ursachen. Und das kostet verdammt viel Geld, ohne dass es langfristig irgendetwas verbessert.

Genau wie die CO2-Zertifikate.
Sicherlich hast du damit recht. Aber was willst du tun? Mir ist es immer noch lieber, Symptome zu bekämpfen und damit zumindest vorübergehend zu helfen, als gar nichts zu tun und stillschweigend abzuwarten. Aber das ist eigentlich eine andere Diskussion und ein ziemlich komplexes Thema, das von der eigentlichen Frage hier etwas abschweift. Können wir ja woanders diskutieren ;)



So. Und jetzt geh ich ins Bett. :smt015
 

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Deswegen wurde doch die Bahncard nicht extra verteuert! Wäre es so, dass ab sofort jede BC 5 Euro mehr kosten würde, könnte ich deine Argumentation verstehen

Wo ist denn der Unterschied? Ich finanzier mit dem Kauf das Zertifikat mit. Sprich: Ich erleide 5 Euro Schaden, da die Bahn für mich die Karte 5 Euro günstiger anbieten könnte, ohne dass die Bahn mehrkosten hierfür hätte.

jedenfalls ist es für die Umwelt besser, als wenn es eine Organisation dieser Art gar nicht gäbe.

Was zu beweisen wäre.

Aber mal ganz Öko-egoistisch: Ich mag eine möglichst intakte Umwelt. Nur: Mit dem Zertifikat-Kauf wird die Umwelt in Europa nicht besser, denn die entsprechenden Projekte sind zumeist in den 3. Weltländern. Wenn ich aber hier meine persönlichen Emissionen einschränke, dann wird Umwelt in Europa besser.

Ich mein nehmen wir dein Beispiel des Ablasses: Ich kauf mir das dumme 40$ Zertifikat und dafür fahr ich halt mit dem Offroader rum statt mit dem Kleinwagen. Wäre ja kalkulatorisch klimaneutral. Aber: Durch den Offroader verschlechtere ich die Luft in meiner Umgebung deutlich mehr. Unter dem Strich hat das Zertifikat so die Umwelt in meiner Umgebung nicht verbessert, sondern verschlechtert, währenddessen der Nutzen der Umwelt-Projekte kaum nachweissbar ist.

Ich glaube aber, dass der Begriff "Zertifikat" einfach falsche Assoziationen bei dir weckt.

Würd ich - frech - so nicht behauptet. Rein, weil ich bereits beruflich damit zu tun hatte.

Mir ist es immer noch lieber, Symptome zu bekämpfen und damit zumindest vorübergehend zu helfen, als gar nichts zu tun und stillschweigend abzuwarten.

Seh ich anders. Aber darauf zu antworten, wäre wirklich ein eigenes Thema..