Musik und Politik

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US-WAHL

Musiker gegen George W. Bush

Die Präsidentschaftswahlen am 2. November in den USA entscheiden nicht nur, wer in den nächsten vier Jahren mit seiner Politik die Geschicke der letzten verbliebenen Großmacht lenken wird. Der Urnengang hat für die Gegner des derzeitigen Präsidenten George W. Bush geradezu historische Bedeutung. Für sie gilt es am Wahltag, die letzten vier Jahre zu vergessen und mit einem Schnitt einen Neuanfang zu machen.

Schwungvoll gegen Bush: Gwen Stefanie von No Doubt.


Von Mathias Möller
Die Präsidentschaftswahlen am Zweiten November in den USA werden wohl die spannendsten seit vielen Jahren werden. Sie entscheiden nicht nur, wer in den nächsten vier Jahren mit seiner Politik die Geschicke der letzten verbliebenen Großmacht lenken wird. Der Urnengang hat für die Gegner des derzeitigen Präsidenten George W. Bush geradezu historische Bedeutung. Für sie gilt es am Wahltag, die letzten vier Jahre zu vergessen und mit einem Schnitt einen Neuanfang zu machen.

Gut zwei Monate vor den Wahlen ist das Land gespalten, noch scheint der Amtsinhaber auf der sicheren Seite, allerdings holt der Überraschungskandidat der Demokraten, John Kerry, immer mehr auf. Der weiß große Teile des Bürgertums und der Liberalen auf seiner Seite. Ins Auge fällt die breite Front der Künstler, besonders der Musiker, die sich hinter dem Kriegsveteranen Kerry scharen. Die Dixie Chicks machen seit langem keinen Hehl aus ihrer Meinung über den Präsidenten und mussten scharfe Kritik und Boykott über sich ergehen lassen. Aber der politische Punk erlebt derzeit eine förmliche Wiederauferstehung.

Harte Gitarrenmusik mit politischem Inhalt war in den letzten Jahren in der Tat rar geworden, oder führte ein Nischendasein: Bands wie Anti-Flag gehörten mit ihren starken politischen Überzeugungen nicht gerade zur Speerspitze des amerikanischen Punk, Fun- oder Skatepunk wie der von Blink 182 oder Good Charlotte erfreuten sich wesentlich größerer Popularität. Bad Religion verkamen zu Wiederkäuern ewig gleicher Parolen, andere Kritiker wie Thrice oder Thursday waren nicht grade politisch, sondern eher sozialkritisch.

Doch bereits mit dem Krieg gegen das von den Taliban regierte Afghanistan regte sich der Widerstand gegen Bush im eigenen Land. Verwies der von seinen Gegnern als texanischer Sheriff Gebrandmarkte in bester Reagan-Manier auf die Axis Of Evil, zu der auch Afghanistan gehöre, so gründeten unter anderem Serj Tankian von System Of A Down und Tom Morello (Ex-Rage Against The Machine und Audioslave) als Reaktion die Axis Of Peace, ein erster organisierter Protest gegen die Politik aus dem Weißen Haus. (Für seine Äußerungen über die Irak-Politik der Bush-Administration musste sich Tankian von Billy Milano, Sänger der Metal-Combo S.O.D. als "Antiamerikanisches Stück Scheiße" bezeichnen lassen.) Doch der schnelle Sieg über das islamistische Regime in Kabul ließ die kritischen Rufer weitgehend ungehört verhallen.


Patrioten gegen Bush

In den USA wurde fragwürdigen Einrichtungen wie Camp X-Ray in Guantanamo Bay wenig Beachtung geschenkt, mit den Haftbedingungen von feindlichen Kombattanten in der kubanischen Exklave beschäftigten sich mehr die europäische Linke als der amerikanische Bürger. Daran änderte auch der denkwürdige Auftritt von Michael Moore bei den Academy Award Ceremonies 2002 nichts, als er bei der Entgegennahme seines Oscars für den Dokumentarstreifen "Bowling For Columbine" unter Buhrufen seiner Kollegen feststellte: "Any time you've got the Pope and the Dixie Chicks against ya, your time is up!"
Die Invasion des Irak stellte jedoch für viele "Intellektuelle" einen klaren Bruch internationalen Rechts dar. Schauspieler Sean Penn demonstrierte seine Ablehnung der Bush-Politik in einem bizarren Besuch bei Diktator Saddam Hussein, der ihm in der Heimat viel Kritik einbrachte. In der alternativen Musikszene trat derweil ein Schwergewicht auf den Plan, "W" aus dem Amt zu jagen: Fat Mike, Labelboss des weltweit größten Punklabels Fat Wreck Chords und Mitglied der in den USA überaus erfolgreichen Punkband NoFX. Als äußerst einflussreicher Musiker mit erstklassigen Verbindungen rief er die Aktion "Punkvoter" ins Leben, die Jugendliche über die Wichtigkeit von politischer Teilnahme aufklären soll. Erklärtes Ziel: die Jugend soll sich ihrer Verantwortung sich selbst, ihrem Land und ihrer Zukunft gegenüber bewusst werden und sich als Wähler registrieren lassen. Bush hatte 2000 nicht zuletzt gewonnen, weil viele potenzielle Demokraten-Wähler sich nicht - wie in den USA obligatorisch - in die Wählerlisten haben eintragen lassen.
Mit massivem medialen Einsatz, vor allem über das Internet, macht eine breite Allianz von Punk- und Alternative-Bands jetzt Wahlkampf gegen Bush. Sie wollen im November den Regierungswechsel und zeigen, was die neuen Medien leisten können. Neben der weltweiten Vernetzung machen sich Fat Mike und seine Mitstreiter ihr Metier zu Nutze, der Sampler "Rock Against Bush" erscheint bereits in der zweiten Ausgabe mit CD und Propaganda-DVD. Eine Serie von Liveauftritten absolvieren die an der Aktion beteiligten Bands bis kurz vor den Wahlen. So kommt es zu der fast schon unwirklichen Situation, dass durchaus patriotische Bands wie die Dropkick Murphys sich an einem "Unternehmen Regierungssturz" beteiligen.

Doch die Punks sind bei weitem nicht die einzigen, die sich um die Zukunft ihres Landes sorgen. Viele Musiker aller Couleur unterstützen mehr oder weniger offen den Demokraten Kerry und sein Team. Die schon erwähnten Dixie Chicks hoffen sicher auf Rehabilitation, aber auch andere Acts aus dem Heartland, dem republikanischen Kernland stellen sich gegen Bush Junior. So zum Beispiel der sonst eher stille Conor Oberst und seine Bright Eyes, der mit seiner Zweitband Desaparecidos durchaus schon kritische Töne angeschlagen hat. Zuletzt gesellten sich auch Sheryl Crow und Crosby, Stills And Nash zu den Bush-Kritikern. Der bekannteste und wohl schwergewichtigste Musiker im Lager der Demokraten ist aber sicher der Boss himself, Bruce Springsteen. Ein bekennender, wenn auch nicht unkritischer Patriot ("Born In The USA" ist ein Song gegen den kriegerischen Irrsinn!), ist der hemdsärmelige Vorzeigeamerikaner sich seiner politischen Wirkung und seiner Einflussmöglichkeiten sicher bewusst. Nicht umsonst legen sich erzkonservative Republikaner mit ihm an und fordern - in ganz undemokratischer Manier - zum Boykott seiner Musik auf.


Hoffnung über den November hinaus


Der Hut steht ihr nicht gut: Britney Spears unterstützt den Cowboy.



Die 1999 gegründete Organisation Plea For Peace, die sich für politische Partizipation unter einem pazifistischen Leitbild einsetzt, schickte im Frühsommer diesen Jahres unter anderem die Alternative-Bands Cursive, und Planes Mistaken For Stars, den Afroamerikaner Saul Williams, und die Hardcore-Band Darkest Hour auf die Plea For Peace-Tour. Damit und mit der "Asians In Rock"-Tour sind sie die einzigen, die ein besonderes Augenmerk auf Minderheiten haben. Nicht ganz unwichtig, wenn man bedenkt, dass ein guter Teil der demokratischen Stimmen sich aus dem Afroamerikanischen und dem Latino-Lager rekrutiert. Namhafte Größen der amerikanischen Rapszene mobilisieren die "Generation Hip-Hop" in einer landesweiten Veranstaltungsserie für die kommenden US-Wahlen. Zehntausende sollen bereits dem Aufruf von Eminem, P.Diddy und Co. Gefolgt sein und ließen sich registrieren.
Viele der prominenten Bush-Gegner sind sicherlich mehr besorgt über das Ansehen der USA in der Welt als über das Wohlergehen anderer Völker, die derzeit unter der Politik made in Washington leiden. Das liegt am ungebrochenen Patriotismus vieler Amerikaner, seien sie nur Pro- oder Contra-Bush. Dieser Patriotismus ist aus europäischer Sicht - und besonders aus deutschem Blickwinkel - schwer zu verstehen, aber eben eine US-amerikanische Eigenheit und ein besonderes Moment in der amerikanischem Mentalität, das bei der Entscheidung am 02. 11. durchaus eine Rolle spielen könnte. Darum erscheint es den Aktivisten für den Moment durchaus legitim, die Wähler bei der Ehre zu packen.

Und wen hat der Präsident auf seiner Seite? Eine Handvoll mehr oder weniger ernst zu nehmender Musiker wie den Redneck Kid Rock oder die Pop-Queen Britney Spears, bei denen man sich allerdings fragen muss, ob sie nicht vielleicht Patriotismus mit Präsidententreue verwechseln. Aber ganz offensichtlich macht man sich auf Grund der popkulturellen Großoffensive aus dem demokratischen Lager Sorgen im Weißen Haus und ist bemüht, ähnliche Sprachrohre zu den jungen Wählern zu aktivieren.

Da sich der Widerstand an einer einzigen Person festmacht, könnte man befürchten, dass die Proteste kurzsichtig sind und nach einer erfolgreichen Abwahl schnell abebben. Bei der Verfolgung des einen Ziels, im Herbst einen neuen Präsidenten zu bekommen, vergisst mancher, dass Kerry auch nur ein Demokrat ist. Ob er alles besser machen kann, muss er dann beweisen, aber auch er wird sicherlich nichts am eigentlichen Übel dieser Situation ändern: dass die USA ein Wahlsystem haben, dass eine Zweiparteienlandschaft zementiert und eine wirkliche politische Vielfalt, wie sie derzeit in der Musikszene aufblüht, nicht zulässt. Keine Band (bis auf ehemalige Mitglieder der Politrocker Rage Against The Machine) hat bis jetzt eine Änderung des Wahlsystems gefordert. Dennoch zeigen die Proteste, dass es in den USA immer noch eine funktionierende Zivilgesellschaft gibt. Das macht Mut, auch über den November hinaus.




Ich muss sagen S.O.D., Kid Rock und Spears: [-( Aber die anderen :smt023 (vor allem System Of A Down und RATM bzw. Tom Morello sowieso. Aber vor allem auch :respekt: vor den Neutralen a la P.Diddy, die einfach zum Wählen auffordern.

Musik hat auf jeden Fall großen Einfluss auf die Leute und man kann viel erreichen, man siehe sich nur die ganzen Sozialkritischen Videos von RATM an oder wenn ich an Boom von System Of A Down denke, bekomm ich wieder ne Gänsehaut.
 

ThePigMustDie

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viel text aber sehr informativ :)
respekt an alles musiker die sich gegen bush und co wenden ist echt klasse... vor allem an SOAD, Dropkick Murphys
so spears und co sag ich mal nix..... tztzt


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