Eure Erfahrung als Rollstuhlfahrer ♿

Aefan

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Mahlzeit zusammen,

mich würde interessieren, wie eure Erfahrungen als Rollstuhlfahrer/mit Behinderung bei Rock im Park in den letzten Jahren waren?
Sowohl von Betroffenen, als auch von entsprechenden Begleitpersonen.

Was war besonders gut?
Was hat euch gestört?
Gab es irgendwelche Probleme?

Ich bin zwar selbst betroffen, würde aber dennoch gerne die Meinung der anderen hören 🤠

Rockige Grüße ❤️🤟
 
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Myiama

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Servus!
Wir haben letztes Jahr in Sachen Menschen mit Beeinträchtigung die wohl absolut miesesten Erfahrungen gemacht, die man sich nur vorstellen kann.
Nicht nur direkt mit meinem Bruder (körperliche Behinderung, aber ohne Rollstuhl), sondern auch durch eine Rollifahrerin, die wir spontan dort kennengelernt haben und sie entsprechend auf Hilfe angewiesen war.
Falls es dich genauer interessiert, kannst du hier:
Feedback Inklusion 2022
nachlesen.

Ich kann nur inständig hoffen, dass sich da einiges gebessert hat und sowas generell niemand in solchen Situationen mehr miterleben muss - denn das war nicht nur zum schämen für den Veranstalter, sondern auch erniedrigend in jederlei Hinsicht.
Das Einzige was man dem positiv abgewinnen kann; die Sicht von der Tribüne auf die Centerstage war absolut klasse.

Generell ist aber die gesamte Veranstaltung für Leute mit Rolli machbar, sicherlich verbesserungswürdig, aber in Ordnung.
Vorausgesetzt man ist nicht alleine, sondern hat Leute um sich herum, die einen unterstützen.
 

Aefan

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Servus!
Wir haben letztes Jahr in Sachen Menschen mit Beeinträchtigung die wohl absolut miesesten Erfahrungen gemacht, die man sich nur vorstellen kann.
Nicht nur direkt mit meinem Bruder (körperliche Behinderung, aber ohne Rollstuhl), sondern auch durch eine Rollifahrerin, die wir spontan dort kennengelernt haben und sie entsprechend auf Hilfe angewiesen war.
Falls es dich genauer interessiert, kannst du hier:
Feedback Inklusion 2022
nachlesen.

Ich kann nur inständig hoffen, dass sich da einiges gebessert hat und sowas generell niemand in solchen Situationen mehr miterleben muss - denn das war nicht nur zum schämen für den Veranstalter, sondern auch erniedrigend in jederlei Hinsicht.
Das Einzige was man dem positiv abgewinnen kann; die Sicht von der Tribüne auf die Centerstage war absolut klasse.

Generell ist aber die gesamte Veranstaltung für Leute mit Rolli machbar, sicherlich verbesserungswürdig, aber in Ordnung.
Vorausgesetzt man ist nicht alleine, sondern hat Leute um sich herum, die einen unterstützen.

Hey Myiama,

erstmal natürlich danke für diesen ausführlichen Bericht 🥰 viele der von dir geschilderten Situationen sind mir als Rollstuhlfahrer tatsächlich gar nicht so unbekannt. Gerade das "Behinderte haben hier nichts verloren" ist mir in meiner ganzen Konzertlaufbahn schon häufiger mal passiert. So etwas ist in meinen Augen nicht nur diskriminierend, sondern auch problematisch hinsichtlich des AGG. Umso wichtiger ist es auch, dass solche Erlebnisse von Betroffenen öffentlich gemacht werden und auch die Verantwortlichen diesbezüglich Stellung beziehen und sich auch verantworten müssen.

Ich hatte die Jahre (bis 2016) immer den Vorteil, auf dem Centerstage-Campingplatz (CSC) zu campen, wodurch ich auch wenig Probleme mit meinem Bändchen hatte. Ich wurde zwar immer wieder darauf hingewiesen, dass das B-Camping woanders sei, doch immerhin besaß ich ein gültiges CSC-Ticket. Die Security war tatsächlich auch immer sehr nett und das waren auch ganz andere Leute, als auf dem regulären Campingplatz. Bei uns beim CSC waren meistens etwas ältere, oder zierlichere Personen, die stets freundlich und hilfsbereit waren. Beim regulären Campingplatz waren dann meistens die Leute der Kategorie Türsteher, mit einem entsprechenden Ton. Da war das Geld für mich jedenfalls gut investiert, für das zusätzliche Ticket. Inzwischen ist der Preis dafür einfach unverschämt.

Die Sicht von der Tribüne überrascht mich aber tatsächlich. Redest du hier von der VIP-Tribüne, oder tatsächlich vom Rollstuhl-Podest? Von anderen habe ich mitbekommen, dass dieses Podest wohl sehr weit weg ist und daher die Sicht und auch der Ton bescheiden sein soll. Über Satellitenbilder habe ich ungefähr 130 Meter ermittelt. Ich vermisse hier die Zeit bis ungefähr 2011, als das podest noch relativ weit vorne am FoH (Technikturm) stand. Hängt bei mir vielleicht aber auch damit zusammen, dass ich auch gerne den Kontakt zu anderen Menschen habe und ungern auf irgendein Podest abgestellt werden möchte. Das ist aber leider bei den meisten Konzerten ein Riesenproblem.

Andere Besucher waren bisher aber immer extrem rücksichtsvoll und hilfsbereit. Mir haben hier schon Leute Bier ausgegeben, oder mich am Bierstand nach vorne gelassen. Damals hat man auch mal bei einem Konzert versucht, mir eine Schneise bis zur Bühne zu machen, damit ich ganz nach vorne kann... Von ganz hinten 😁 Das hat zumindestens die ersten 10 Meter geklappt. War im ganzen natürlich lieb gemeint 🥴

Ich möchte einfach versuchen auf den ganzen Umstand und die Situation, für Menschen mit Behinderung aufmerksam zu machen. Aufzuzeigen und zu dokumentieren, dass sich einiges verbessert hat, aber vieles noch falsch läuft. Auch das Thema medial auf den Schirm zu holen, was ich zumindestens in einem Zeitungs- und Radiointerview bereits tun konnte. Da Menschen mit Behinderung aber nur einen sehr kleinen Teil ausmachen und natürlich finanziell gesehen für den Veranstalter nicht ins Gewicht fallen, wird vom Gefühl her nur das Nötigste getan und offenbar ist das Interesse auch nicht sehr groß, das Thema groß aufzuwärmen.

Im Prinzip wünsche ich mir persönlich vermutlich das gleiche, wie jeder andere Mensch mit Behinderung auch und das ist "normal" zu sein. Damit meine ich aber nicht "Mimimi... warum ich!?", sondern genau so gleichberechtigt zu sein, wie jeder andere Mensch auch.

Es ist ein Kampf gegen Windmühlen, aber für mich hat dieser erst begonnen...
 
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Myiama

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Danke @Aefan für deine Antwort und die Zeit, die dir genommen hast um meinen Beitrag vom letzten Jahr durchzulesen.

Dass du die gleichen Erfahrungen machen musstest schockiert mich leider nicht, stimmt mich aber extrem traurig.
So makaber es klingt, in so einem Fall würde ich mir wünschen, wir wären dann doch eher der Einzelfall.

Deine Erfahrungen beim CSC klingen hingegen aber sehr gut, so soll es ja auch sein!
Würde, ohne es zu wissen, es tatsächlich auch so unterschreiben wie du gesagt hast; wahrscheinlich liegt es unterm Strich wirklich am entsprechenden Personal, wo ein erheblicher Unterschied im Vergleich zu anderen Bereichen auf dem Gelände oder den Campingflächen herrscht. Ein Unterschied betreffend in den Punkten Schulungen und vor allem der nötigen Empathie.
Die Besucher auf dem Festival sind dahingegen absolute Goldstücke! Man sieht dort ja schon generell ein hohes Maß an Hilfsbereitschaft, aber explizit im Beispiel Rollifahrer oder Menschen mit einer Behinderung ist es einfach nur eine unfassbare Herzlichkeit & Aufgeschlossen hat. Da gibt es absolut nichts.

Tatsächlich vom Rollstuhl-Podest.
Der Sound; ok da geb ich dir recht, das ist schon ein Unterschied.
Muss da aber dazu sagen, dass ich ehrlich gesagt so gut wie nie mitten in der Crowd stehe (in den seltensten Fällen), sondern sowieso immer eher weit hinten und da keine gute Sicht gewohnt bin. Das könnte (und evtl. auch das ein oder andere Bier... :lol: ) natürlich an meinem "Wow-Effekt" liegen.
Einen direkten Vergleich hab ich sonst nicht, deswegen ist da meine Meinung wohl auch eher unqualifiziert.

Dein Einsatz, Kampfgeist und Herz für die faire Sache sind bewundernswert, ich ziehe auch hier nochmal meinen Hut vor dir!
Wenn es irgendetwas gibt, womit man dich hierbei unterstützen kann, dann bitte lasse es mich wissen. Ich würde sehr gerne helfen und das Thema sachlich nach vorne bringen ("weiter nach vorne" wäre da leider die falsche Wortwahl für mich).
Habe dir hierzu auch mal eine PN geschickt :)

Vielleicht findet sich aber noch jemand, der auch seine Erfahrungen teilen möchte?
 
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Aefan

Parkrocker
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Huhu @Myiama. Was man halt oft vergisst ist einfach die Tatsache, dass es gar nicht so wenig Rollstuhlfahrer, oder Menschen mit Behinderung gibt. Genauso haben diese Menschen auch ein Recht und Interesse an kultureller Teilhabe. Das kommt aber offenbar nicht überall immer so offensichtlich an.

Weißt du wie oft ich schon gehört habe "schön, dass Menschen wie du auch hier sind"? Ist es so ungewöhnlich dass Menschen mit Behinderung trotz ihrer Umstände auch Lust auf Musik und Feiern haben? Sind wir anders als die restlichen 80.000 Leute? Das zeigt für mich ein grundlegendes Problem in der Gesellschaft. Ich verstehe aber, was die Leute damit meinen und dass sie mir einfach damit Respekt gegenüber zeigen wollen. Dass es aufgrund der Umstände eben doch viel aufwendiger ist und daher auch nicht selbstverständlich, dass man sowas auf sich nimmt. Wie gesagt, ich habe das nie böse aufgefasst, weil ich weiß, wie es gemeint ist.

Gerade bei den Verantwortlichen merkt man einfach, was für massive Unterschiede es im Mindset gibt. Ich habe mit Leuten gesprochen, die sehr arrogant und abweisend waren. Dann gab aber auch wieder welche, die respektvoll und auf Augenhöhe mit einem sprechen. Ich hatte erst kürzlich eine unschöne Begegnung mit einem Security auf einem Konzert. Nach dem Konzert habe ich zufällig eine Kollegin von ihm getroffen und bin diesbezüglich mit ihr ins Gespräch gekommen. Sie war mega freundlich und sympathisch, hatte völliges Verständnis für meine Situation und hat den Kollegen dafür auch klar kritisiert. "Bei mir hätte es das nicht gegeben" waren ihre Worte zu der Auseinandersetzung. Hier sieht man auch wieder, wie unterschiedlich das Mindset sein kann.

Meiner Erfahrung nach sind Rollstuhl-Podeste selten gut platziert. Aus sicherheitstechnischer Sicht natürlich, aus persönlicher Sicht aber nicht. In meinen Augen ist der Sound in den meisten Fällen auch relativ schlecht. Gerade bei weitläufigen Open Air Konzerten ist die Beschallung immer ein Problem und je weiter weg du von den Delay-Towern bist, desto schlimmer ist es. Natürlich wird begründet, dass man die Türme ja extra so platziert, dass auch der Sound bei uns gut ist. Ich persönlich habe das immer anders empfunden. Sehen kann man von der Bühne in den meisten Fällen dann auch nicht mehr viel, weil man einfach zu weit weg ist. Da bleiben am Ende dann nur noch die Leinwände.

Das Thema ist schwierig und andere haben sich daran auch schon die Zähne ausgebissen. Du kämpfst hier gegen Windmühlen. Letztendlich ist es für Veranstalter allgemein gesagt ein Geschäft. Man sieht ja auch wie das Thema Inklusion teilweise noch extrem stiefmütterlich behandelt wird. Es gibt inzwischen Gesetze und Vorschriften, doch bewegt man sich auf richtigen Wegen, wenn man alles mit Bürokratie regeln muss? Ich denke nicht! Natürlich kann ich meinen Nachbarn vor Gericht zerren, weil seine Pflanzen über meinen Zaun wachsen und in Paragraph XY steht blabla. Ich könnte aber einfach mal zu ihm rüber gehen, ihm ein Bier in die Hand drücken und versuchen, einen freundschaftlichen Kompromiss zu finden. Es geht mir nicht darum, mich über alles zu beschweren, alles doof zu finden und rumzujammern. Das ist nicht zielführend. Mir geht es um den Dialog, das gemeinsame finden von Lösungen. Zusammen und nicht gegeneinander.

TL;DR

Aber ja, gibt es noch andere Leute, die vielleicht Erfahrungen gemacht haben? Egal ob positiv oder negativ? 😁
 

SehrGutGelaufen

Parkrocker
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Ich hoffe wirklich, dass sich langfristig etwas an der Position der Rollstuhltribüne ändert. Letztes Jahr bei Evanescence und "Bring Me The Horizon" war der Sound an der Rollstuhlbühne absolut katastrophal. Man hat kaum was von der Bühne gehört und mehr von dem Technoturm neben dem Weg.