Die Aussicht auf die Rock im Park Bandwelle morgen hat mir Lust gemacht, noch einmal ausführlicher aufs letzte Summer Breeze zurückzublicken. Es fällt mir bei diesem Temperatursturz sicher nicht ganz leicht, mich wieder in fünf Tage mit 30 Grad und mehr zurückzuversetzen, aber ich bin guter Dinge, dass ich mir dieses Leiden gut genug eingeprägt habe, um trotzdem wieder in die Stimmung zu kommen
Die Anreise mit unserem Wunschslot (Dienstag von 10 bis 13 Uhr) hat hervorragend geklappt. So schnell waren wir noch nie durch die Schleusen durch. Vor Ort kein Cash mehr für die Frühanreise abdrücken zu müssen hat da auf jeden Fall ganz entscheidend dazu beigetragen. Diese neue Regeglung mit einem Festbetrag pro Auto finde ich auch gut. Alles, was dazu anregt, weniger Autos auf dem Campingplatz zu haben, macht ja Sinn. Dank reservierter Fläche wie immer easy auf den Campingplatz gefahren, in Ruhe alles aufgebaut und ein bisschen mit den Nachbarcamps Freundschaft geschlossen. Die Energie, auf einem Festival zu campen, wo man nicht direkt das Zelt neben dem Auto aufschlagen kann und sich erst mal noch einen einigermaßen geeigneten Platz erkämpfen muss, hab ich einfach nicht mehr. Mit den Preisen für dieses Zusatzangebot sind sie zwar im Vergleich zum Vorjahr gut hoch gegangen, aber der Punkt, an dem mir die Mehrausgaben mehr weh tun als ich für den Mehrwert bereit bin hinzunehmen, ist noch lange nicht erreicht.
Auf den Wunsch nach mehr Schattenplätzen, die bei diesen Höllentemperaturen dringend notwendig gewesen sind, wurde durch eine erneute Erweiterung der Biergartenflächen reagiert sowie mit neu gepflanzten Bäumen bei der T Stage. Letztere haben zwar nur punktuell Entlastung geschaffen, aber ich bin froh um jede Möglichkeit, die irgendwie ergriffen wird. Dennoch muss man einmal mehr sagen: Augustfestivals haben ein Ablaufdatum. Ich seh das Festival bei diesen Temperaturentwicklungen irgendwann eher im September stattfinden. Dass man da nun ausgerechnet in der heißesten Woche des Jahres war, ist am Schluss niemandes Schuld, aber mit Spaß hatte das leider stellenweise wirklich wenig zu tun und ich hab zwei, drei Sachen, die ich mir sonst angeschaut hätte, gestrichen, weils einfach nicht auszuhalten war.
Ich hatte auf einem Festival noch nie so saubere Dixis aufm Campingplatz. Das war die letzten Jahre schon sehr gut, dieses Jahr möglicherweise aber noch besser. Keine Ahnung, wie oft sie da zum Saubermachen durchgefahren sind, aber daran kann man sich als Veranstalter*in ein großes Beispiel nehmen. Positiv dazu beigetragen hat sicher auch, dass man sich nicht mehr extra um eine Shit & Shower Flat kümmern musste, sondern die kostenpflichtigen sanitären Einrichtungen auf dem CP durch das neue Cashless System nach Belieben nutzen konnte und ab dem Punkt, wo man ein Gesamtvolumen von 15 Euro für diese Angebote überschritten hatte, nichts mehr zusätzlich zahlen musste. Da gönnt man sich dann mal eher den Luxus eines Spülklos. Komplett begeistert war ich da vor allem von den Duschen. Solche komfortablen Duschkabinen hab ich auf Festivals noch nie gesehen, das war echt großer Luxus. Mit der Wassertemperatur hatte ich persönlich immer Glück, hab aber auch öfter gehört, dass Leute kalt duschen mussten. Was Spülklos angeht bin ich nach wie vor begeistert davon, dass man davon einmal mehr an vier Punkten des Infields eine große Menge an Spülklos zur kostenfreien Nutzung hatte und die auch immer sauber waren. Wie sich herausstellt, muss man Menschen auf einem Festival tatsächlich nicht jeden Cent aus der Tasche ziehen und kann sich dabei sogar in Unkosten stürzen.
Ein Tadel, der jedes Jahr leider größer wird, ist die Preisentwicklung für Essen im Infield. Das sind Preise, die ich zu zahlen einfach nicht mehr bereit bin. Man isst nach wie vor gut und wird bei den Portionen so weit ich gehört habe auch bei keinem Stand wirklich beschissen, aber da stimmt das Preisleistungsverhältnis bei vielen Angeboten leider einfach nicht mehr.
Herzstück des Festivals ist natürlich die Musik. Wie schon erwähnt sind ein paar Acts dem Wetter zum Opfer gefallen - absurderweise einer meiner wenigen Pflichttermine am Nachmittag dann dem Regen -, aber gesehen hab ich am Ende dennoch 21 Bands, von denen ein paar besonders hervorgehoben werden müssen:
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Ancst: Hatten nicht mal ein Backdrop am Start, sondern haben auf der Bühne ein Shirt mit ihrem Logo aufgehängt. KVLT! Ich bin dieser Tage froh um jede Band, die sich politisch so stabil positioniert. Auf die Fresse gemischt mit geiler Attitüde. Mausalarm! Das Slime Cover am Ende war ein ganz großes Festivalhighlight für mich.
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Cult of Luna: Sorry nochmal an
@Andi Has A Unicorn, aber nach dem Auftritt musste ich mich emotional erst mal erholen. Das war intensiv, das hat viel mit mir gemacht. War vor dem Festival einer meiner drei Highlight Auftritte und hat entsprechend abgeliefert.
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Gojira: Ein Wort: Wow. Das ist eine Band, die ich daheim auch nicht wahnsinnig viel höre, aber das war sowas von fett. Headlinerwürdig durch und durch.
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Mantar: Ich hab mich da nachts um 3 gefühlt wie Hannos Rücken bei jedem Konzert aussieht. Um einen um die Uhrzeit nochmal so aufzuwecken, muss man ein besonders krawalliges Abrisskommando sein. Hab ich noch nie unterhalb von "Highlight" gesehen.
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Primordial: Es gibt wenig Frontmänner, die ich so liebe wie Allan Averill. Noch mehr geliebt habe ich ihn, als er sichtlich angefressen von Machine Heads Feuerwerkorgie gewesen ist, das war nachvollziehbar. Wer mit einem Song wie Empire Falls einsteigen kann, hat in seinem musikalischen Leben alles richtig gemacht.
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Sólstafir: DAS Highlight des Festivals. Ich war einmal mehr zu Tränen gerührt und bin ganz und gar in Glückseligkeit zerflossen. Was für eine Band.
- Weiterhin unbedingt erwähnenswert, aber ohne große Worte:
Borknagar,
Gaerea
Enttäuscht war ich leider ein bisschen von Kanonenfieber. Man muss dazu sagen, dass ich die daheim jetzt auch nicht wahnsinnig oft höre. Ich hab sie bei ihrem ersten Besuch vor der bumsvollen Wera Stage gesehen, wo dann auch vollkommen klar war, dass die Reise nach oben gehen wird, und hatte da auch eine gute Zeit. Mir wars diesmal dann aber zu viel Laientheater auf der Bühne. Da war der kanonenfiebersche Sweet Spot für mich wohl erreicht, als die Produktion noch nicht so krass hochgefahren worden ist. Erwähnenswert ist trotz allem, wie krachend voll es da nachts um 1 vor der Main Stage für die geworden ist. Es gibt ja am Ende nie nur eine Band der Stunde, aber wenn wir über Metal sprechen, muss unbedingt über Kanonenfieber in dieser Riege an Bands gesprochen werden. Ich habs hier schon mal geäußert, aber mich würds wirklich gar nicht wundern, wenn die auf absehbare Zeit eine Band für Rock im Park werden.
Große Liebe geht wie immer an meine Mitcamper, deren Maskulinum in diesem Fall nicht generisch ist. Besonders natürlich an
@TheEmperor, der den Weg einmal mehr auf sich genommen hat, aber auch an den Rest der Gang, der das hier nicht lesen wird. Wenn ich vorhin gesagt habe, die Bands seien das Herz eines Festivals, dann stimmt das natürlich auch nur so lange, bis man überlegen muss, welches Organ dann eigentlich die Menschen, die einem da fünf Tage lang eine unvergesslich tolle Zeit bescheren, repräsentieren sollen.